Handel in Singapur – ein Überblick
Ein Stück Land, das im 19. Jahrhundert von nur 20 Fischerfamilien bewohnt wurde, stieg bis zum 21. Jahrhundert zu einem der wichtigsten Handelsplätze der Welt auf. Die Erfolgsgeschichte des Stadtstaates Singapur wird weltweit bewundert und gilt als Vorbild für viele andere asiatische Länder. Singapur ist der kleinste Staat Südostasiens und zugleich der mit dem größten Wohlstand. Trotz der geringen Fläche und kleinen Population (Singapur hat ca. so viele Einwohner wie Berlin und Hamburg zusammen) hat er eine enorme Bedeutung für die globale Wirtschaft – nicht zuletzt dank der günstigen geographischen Wasserlage zwischen China, der gesamten Pazifikregion und Europa.
Wir werfen einen Blick auf Wirtschaft und Handel in Singapur: Wie sich der Staat entwickelt hat, wie die Zukunft aussehen könnte und warum Unternehmen vom Handelsplatz Singapur profitieren können.
Die wirtschaftliche Entwicklung Singapurs zum globalen Handels- und Finanzzentrum
Die kleine Fläche Singapurs ist fast vollständig bebaut und lässt wenig Raum für Agrarwirtschaft, Produktion und die Gewinnung natürlicher Ressourcen. Dieser Umstand zwang Singapur schon früh, günstige Wirtschaftsbeziehungen zu seinen Nachbarländern aufzubauen und sich wirtschaftliche Nischen zu suchen, in denen es nicht mit Ländern wie Malaysia oder China konkurrieren musste.
Nach seiner Unabhängigkeit entwickelte sich Singapur rasant zu einem Industriestaat. Das Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt stieg von 400 US-Dollar im Jahr 1965 auf 12.000 US-Dollar im Jahr 1990 und rund 65.000 US-Dollar in 2019 – und ist damit rund 25 % höher als Deutschland.
Möglich machte das Wirtschaftswachstum eine Mischung aus freier Marktwirtschaft, die Singapur zu einem idealen Handelspartner und Investitionsstandort machten, und sozialen Programmen gegen den Wohnungsmangel und für eine gute gesundheitliche Versorgung, die der Bevölkerung eine gewisse Absicherung verschafften.
„Ich glaube nicht, dass irgendeine andere Volkswirtschaft, selbst unter den anderen asiatischen Tigerstaaten, in ihren ersten 20 Jahren eine so gute statistische Bilanz von schnellem Wachstum, Vollbeschäftigung und sehr guten sozialen Indikatoren (Lebenserwartung, Bildung, Wohnraum etc.) erreichen konnte.“ sagt Linda Lim, Wirtschaftswissenschaftlerin an der Universität von Michigan [Übersetzung durch die Redaktion]
Die Handelsbilanz Singapurs
Eine Handelsbilanz stellt die Warenimporte und -exporte einer Volkswirtschaft gegenüber und gibt so Auskunft über ihre relative Wirtschaftskraft. Und Singapur verzeichnete im Januar 2021 einen Handelsüberschuss von rund 3,5 Mrd. EURO (Quelle: Trading Economics). Damit steht Singapur an Platz 16 der Länder mit dem größten Handelsbilanzüberschuss weltweit. Auf Platz eins steht übrigens China, gefolgt von Deutschland.
Doch was exportiert Singapur, wenn es kaum über natürliche Ressourcen verfügt? Zu den wichtigsten Exportgütern gehören veredelte Rohstoffe und Technologiegüter wie Maschinen, Elektrogeräte, Pharmaprodukte und andere Chemikalien sowie raffinierte Erdölprodukte.
Singapur als Warenumschlagplatz und Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit
Neben dem Export eigener Güter sind der Hafen und der Flughafen Singapurs eine der geschäftigsten Drehscheiben der Welt. Der bilaterale Warenhandel beträgt jährlich 53 Mrd. Euro für Waren und 51 Mrd. Euro für Dienstleistungen. Damit ist Singapur der größte Handelspartner der EU in Südostasien.
Ein paar zusätzliche spannende Fakten:
- Über 10.000 Unternehmen aus der EU verschiffen Waren über Singapur.
- Die top 25 Spediteure der Welt sind hier ansässig.
- Der Flughafen liegt mit über 2 Millionen Tonnen transportierter Waren auf Platz 12 weltweit.
- Singapur hat einen der größten Seehäfen der Welt, der aus über 30 Einzelhäfen besteht.
- 130.000 Schiffe legen jedes Jahr an den Häfen Singapurs an, von denen bis zu 1.000 gleichzeitig abgewickelt werden können.
Mit den gigantischen Ausmaßen des Handels geht eine große Verantwortung der Umwelt gegenüber einher, derer Singapur sich durchaus bewusst ist. Singapur verfolgt insgesamt recht ambitionierte Nachhaltigkeitsziele – zum Beispiel mit dem Ausbau von Solaranlagen und einer auffallend grünen Stadtplanung.
Die staatlich organisierte Maritime und Port Authority ist für ihre strenge Einhaltung von Schadstoff-Auflagen bekannt. Und einfahrende Frachter werden nicht selten durch Laborproben aus ihren Schiffstanks auf ihren technischen Stand überprüft. Dabei verfolgt Singapur das Ziel, Schweröl komplett aus seinen Gewässern zu verbannen. Da der Hafen einer der wichtigsten Orte zum Betanken von Schiffen ist, sind die positiven Auswirkungen auf die Umwelt gravierend.
Das Freihandelsabkommen mit der EU und seine Bedeutung
Die größten Unternehmen Deutschlands verschiffen ihre Waren über Singapur nach Asien. Daher haben sich hier auch viele Spediteure niedergelassen. Sie alle profitieren vom Freihandelsabkommen zwischen der EU und Singapur, das am 21. November 2019 in Kraft getreten ist. Mit dem Abkommen fallen Zölle und Bürokratie weg, die den Handel zwischen Singapur und der EU zuvor erschwerten. Gerade für sogenannte Schlüsselgüter wie Lebensmittel, Elektronik und Pharmaprodukte sollen Handelshemmnisse beseitigt werden, so die Generaldirektion Handel der Europäischen Kommission.
Der Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, äußerte sich zum Freihandelsabkommen wie folgt:
„Dies ist das erste bilaterale Handelsabkommen der Europäischen Union mit einem südostasiatischen Land und ein wichtiger Baustein beim Aufbau engerer Verbindungen zwischen Europa und einer der dynamischsten Regionen der Welt. […] Seit meiner Amtsübernahme 2014 sind dank des Außenhandels 5 Millionen neue Arbeitsplätze in der EU geschaffen worden, sodass heute 36 Millionen Arbeitsplätze mit dem Außenhandel in Zusammenhang stehen. Da auf den Außenhandel außerdem 35 % des BIP der EU entfallen, wird deutlich, welche Bedeutung er für den Wohlstand in Europa hat.“
Hier wird deutlich, wie sehr die Exportnation Deutschland auf den Erfolg Singapurs angewiesen ist. Käme es hier zu politischen Unruhen oder wirtschaftlichen Schwierigkeiten, könnte die wichtigste Route in Länder wie China und Indien beeinträchtigt werden.
Singapurs „Ease of Doing Business“ – fast nirgendwo lassen sich so reibungslos Geschäfte machen
Nur drei Stunden soll es dauern, in Singapur ein Unternehmen zu gründen. Von Baugenehmigungen über Steuererklärungen bis hin zur Insolvenzabwicklung – Geschäftsprozesse in Singapur erfordern minimalen Aufwand. Singapur liegt damit auf Platz 2 von 190 Volkswirtschaften im Bezug auf die Leichtigkeit, Geschäfte zu machen (nur in Neuseeland haben es Unternehmer noch leichter). Den gesamten Bericht „Ease of Doing Business“ der Weltbank finden Sie hier.
Besonders gut schneidet Singapur im Weltbankbericht u. a. beim Handel über Grenzen hinweg ab:
Gerade für Unternehmen, die an deutsche Bürokratie gewöhnt sind, fühlen sich Geschäftsabwicklungen in Singapur fast schon unheimlich an. Neben dem „Ease of Doing Business“ profitieren Unternehmen mit einer Niederlassung in Singapur zudem von der niedrigen Gewerbesteuern von 17 %.
Kulturelle Aspekte
Nur etwa die Hälfte der Singapurer sind auch in Singapur geboren. Die Bevölkerung setzt sich aus Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen zusammen. Dadurch werden kulturelle Anpassungsfähigkeit und Toleranz zu ganz besonders wichtigen Eigenschaften der Bewohner des Stadtstaates.
Die Regierung Singapurs verteilt unterschiedliche Bevölkerungsgruppen über einen Schlüssel auf die Wohnviertel, um Toleranz und Austausch zu fördern. Zu religiösen Feiertagen besuchen malaysische Familien ihre chinesischen Freunde und nehmen an deren Bräuchen und Ritualen teil – und umgekehrt. Auch der Besuch von Gotteshäusern unterschiedlicher Religionen steht Menschen unabhängig ihrer eigenen Religionszugehörigkeit offen. Und die kulinarischen Spezialitäten – die werden ohnehin gerne geteilt! Nicht selten ist das erste, was Touristen nach einem Besuch Singapurs zu berichten haben, das Essen. Nirgendwo sonst findet sich auf so kleinem Raum das Beste aus allen Ecken der Welt.
Und in Geschäftsbeziehungen mit Unternehmen in Singapur ist die Toleranz deutlich spürbar. Neben Malaysia gehören China, die USA und die EU zu den größten Handelspartnern Singapurs. Dadurch sind Unternehmen an den Umgang mit sehr unterschiedlichen Kulturen gewöhnt und können sich im Handumdrehen anpassen. Übrigens: Nur knapp 27 % der Singapurer sprechen nur eine Sprache – der Rest spricht mindestens zwei, oft auch mehr Sprachen. Am weitesten verbreitet sind Englisch und Mandarin.
Neben einer bewundernswerten Weltoffenheit fällt auch die Leistungsbereitschaft schnell ins Auge. Singapurer streben nach Exzellenz. Das ist wenig verwunderlich, wenn man bedenkt, welche Herausforderungen das Land und seine Bevölkerung seit seiner Unabhängigkeit bewältigen musste. Willensstärke und Leistung gelten als charakterliche Grundpfeiler.
Die Auswirkungen der Coronakrise auf Singapur und ein Blick in die Zukunft
Obwohl Singapur die Ausbreitung des Coronavirus im eigenen Land vergleichsweise schnell unter Kontrolle hatte, litt die sehr offene Volkswirtschaft enorm unter den globalen Auswirkungen der Krise. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank um 6 bis 6,5 % im Vergleich zum Vorjahr. Für 2021 ist ein Wachstum des BIP von etwa 4 bis 6 % vorhergesagt. Um auf das „Vor-Corona-Niveau“ zurückzukommen, wird es wohl drei bis vier Jahre dauern.
Der Handel war überproportional betroffen. Die folgende Grafik zeigt, wie stark die Luftfrachtbewegungen in Millionen Tonnen 2020 sanken:
Trotz des Einbruchs in der Wirtschaft könnte Singapur sich relativ gut erholen. In einem Beitrag auf „Das Investment“ über die wirtschaftlichen Entwicklungen asiatischer Volkswirtschaften nach Corona heißt es:
„Unterdessen spielen […] Faktoren eine Rolle, die die Voraussetzungen für eine robustere Entwicklung der Volkswirtschaften im asiatischen Raum schaffen. Dazu gehören eine größere politische Stabilität sowie ein höheres Vertrauen in die Institutionen und deren Fähigkeit zur Krisenbewältigung. Ein weiterer wichtiger Trend, der aufgrund zunehmender Handelskonflikte mit dem Westen bereits im Gange war, ist eine stärkere Ausrichtung auf den Warenaustausch innerhalb der Region.“ [Hervorhebung durch die Redaktion]
Und gerade was politische Stabilität und eine Ausrichtung auf den Warenaustausch angeht, glänzt Singapur. Im Vergleich zu Hongkong, dem zweiten großen wirtschaftlichen Player Asiens, profitiert Singapur von einem extrem stabilen politischen Umfeld – und das seit über 65 Jahren. Auch das war einer der Gründe, die Riege dazu veranlasst haben, hier einen Standort zu eröffnen.
Auch Christian Riege, SVP Software Development und Managing Director von Riege Software, rechnet mit anhaltendem Wachstum des Standorts Singapur:
Zusammenfassung: Am sicheren Handelspartner Singapur führt kein Weg vorbei. Auch nicht für Riege.
Singapur ist der beliebteste Handelspartner Südostasiens. Und das nicht ohne Grund: freier Warenverkehr, ein effizientes Zollsystem, eine verlässliche Infrastruktur, Innovation, eine stabile Regierung und seine strategisch wertvolle geographische Lage werden auch in Zukunft dafür sorgen, dass an Singapur buchstäblich kein Weg vorbei führt.
Neben der Niederlassung in Hongkong, ist Riege Software seit 2020 auch in Singapur präsent und unterstützt regionale Speditionsunternehmen mit der Transport Management Software Scope sowie internationale Kunden bei der Ein- und Ausfuhr von Handelsgütern im asiatischen Raum.